Die Clearingstelle EEG bat den Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. um eine Stellungnahme zum Empfehlungsverfahren 2011/12 (http://www.clearingstelle-eeg.de/empfv/2011/12

Thema:

„Haben Betreiberinnen bzw. Betreiber von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien oder Grubengas, soweit für diesen ein Vergütungsanspruch gemäß EEG gegen den Netzbetreiber besteht, einen Anspruch auf Auszahlung der Einspeisevergütung nach Ablauf bestimmter (beispielsweise monatlicher oder vierteljährlicher) Zeitintervalle (sog. Abschlagszahlungen)?

Gegebenenfalls: Inwieweit ist die vorgenannte Frage für Strom aus Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien, die jeweils
(a) bis einschließlich dem 31. Dezember 2003,
(b) ab dem 1. Januar 2004 und vor dem 1. Juli 2004,
(c) ab dem 1. Juli 2004 und vor dem 1. August 2004,
(d) ab dem 1. August 2004 und vor dem 1. Januar 2009,
(e) ab dem 1. Januar 2009
erstmals in Betrieb genommen worden sind, unterschiedlich zu beantworten?"

 

Stellungnahme des SFV

Grundsätzliches

Das hohe Investitionsvolumen für Erneuerbare-Energien-Anlagen macht es in sehr vielen Fällen erforderlich, dass Anlagenbetreiber auf eine Kreditfinanzierung zurückgegreifen müssen. Um die Investitionsbereitschaft der Bürger zu erhöhen, beschloss der Gesetzgeber deshalb, durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau Investitionskredite für Erneuerbare-Energien-Anlagen zu gewähren. Diese (und von anderen Banken festgelegte) Kreditvereinbarungen beinhalten in der Regel, dass Anlagenbetreiber in gleichmäßigen Zeitintervallen (meist monatlich) die Kreditschuld abtragen. Die EEG-Einspeisevergütungen dienen als Sicherheit und sollen u.a. zur Tilgung des Kredits genutzt werden.

Bereits in der Begründung zu § 8 EEG 2000 wurde vom Gesetzgeber deutlich aufgezeigt, dass die Vergütungssätze für Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien so ermittelt wurden, „dass (...) bei rationeller Betriebsführung ein wirtschaftlicher Betrieb [der Anlagen] (...) möglich ist.“

Eine solche rationelle Betriebsführung ist vom Anlagenbetreiber nur dann sicherzustellen, wenn Verbindlichkeiten gegenüber Dritten (wie z.B. Banken, Versicherungen etc.) fristgerecht und sorgfältig erfüllt werden.

Hätte der Gesetzgeber beabsichtigt, in unbestimmten Abständen gewährte Auszahlung der EEG-Einspeisevergütungen zu bevorzugen, hätte er damit billigend in Kauf genommen, dass Anlagenbetreiber Bankverbindlichkeiten nicht zuverlässig erfüllen und ggf. in die Schuldenfalle geraten können. Eine rationelle Betriebsführung wäre somit nicht möglich.
 

Abnahme- und Vergütungspflicht

Im EEG ist eine Abnahme- und Vergütungspflicht für Strom aus Erneuerbaren Energien (EE-Strom) festgeschrieben. Der vom Anlagenbetreiber angebotene Strom muss vom Netzbetreiber abgenommen und in einer festgeschriebenen Höhe vergütet werden. Es existiert damit ein gesetzliches Schuldverhältnis.

Zunächst ist der Anlagenbetreiber für die Abrechnung des EE-Stroms zuständig. Sofern keine anderen vertraglichen Vereinbarungen getroffen sind, kann der Anlagenbetreiber nach § 271 BGB die gesetzlich festgeschriebene Vergütung sofort verlangen. Hierfür muss der Anlagenbetreiber Einzelrechnungen stellen.

Einzelabrechnungen können jedoch dazu führen, dass Zahlungen des Netzbetreibers auf Grund innerer Verwaltungsabläufe erst zeitlich verzögert beim Anlagenbetreiber eintreffen. Da dieser aber unter Umständen terminlich feststehende finanzielle Verbindlichkeiten erfüllen muss, ist jeder Zeitverzug mit Risiken verbunden. Zudem ist anzunehmen, dass die Begleichung vieler Einzelabrechnungen auch für den Netzbetreiber verwaltungs- und kostenaufwändiger ist.

In den überwiegenden Fällen knüpfen Stromlieferunternehmen ihre Liefervereinbarungen an Endkunden an Abschlagszahlungen. Sie berechnen die Höhe der Abschlagszahlung anhand der aktuellen Arbeitspreise sowie des ggf. in der Vorperiode ermittelten Jahresverbrauchs. Eine Prognose des Jahresstromertrages einer EE-Anlage ist ebenso möglich, so dass monatliche Abschlagswerte leicht ermittelt werden können.

Regelmäßige Abschlagszahlungen können die Zahlungen an den Anlagenbetreiber verstetigen und die Verwaltungskosten für den Netzbetreiber minimieren.
 

Regelungen zur Abschlagszahlung im EEG

Die Notwendigkeit von Abschlagszahlungen wurde vom Gesetzgeber im EEG (§ 12 Abs. 5 EEG 2004, § 59 Abs. 1 EEG 2009) bereits in Zusammenhang mit den Regelungen zur „Einstweiligen Verfügung“ („Einstweiliger Rechtsschutz“) hervorgehoben. Dort steht: „Auf Antrag der Anlagenbetreiberin oder des Anlagenbetreibers kann das für die Hauptsache zuständige Gericht (...) durch einstweilige Verfügung regeln, dass die Schuldnerin oder der Schuldner (...) einen als billig und gerecht zu erachtenden Betrag als Abschlagszahlung zu leisten hat.“ Diese Regelung zielt darauf ab, dass Anlagenbetreiber ein einstweiliger Rechtsschutz zugesprochen wird, um sie vor Einnahmeausfällen und Eigentumsverlusten in Zusammenhang mit ihrer EE-Anlage zu schützen. Abschlagszahlungen werden damit explizit als geeignetes Mittel zur Sicherstellung des Rechtsschutz hervorgehoben.

Darüber hinaus wurde im EEG in Zusammenhang mit dem bundesweiten Ausgleichsmechanismus (Ausgleichsregelungen) festgelegt, dass Übertragungsnetzbetreiber an Netzbetreiber „auf die zu erwartenden Ausgleichsvergütungen (...) monatliche Abschläge in angemessenem Umfang zu leisten“ </i>haben. (siehe § 39 EEG 2009, ähnlich auch in § 11 EEG 2000, § 14 EEG 2004). Der Gesetzgeber trug damit Sorge, dass Netzbetreiber Abschlagsforderungen der Anlagenbetreiber ohne finanzielle Risiken erfüllen können.
 

Verpflichtung zur Abschlagszahlung

Eine Anwort auf die Frage, ob Abschlagszahlungen verpflichtend gewährt werden müssen, ergibt sich jedoch derzeit nur unter Hinzuziehung der Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).

In § 242 BGB ist die Verpflichtung des Schuldners (hier: Netzbetreiber) festgeschrieben, <i>„die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.“

Da es üblich ist, Abschlagszahlungen im Handel mit Strom zu fordern, ergibt sich hieraus eine allgemein anzuerkennende Verkehrssitte. Um die existenzbedrängende Gefährdung des Anlagenbetreibers abzuweisen, müssen Netzbetreiber dem Wunsch des Anlagenbetreibers auf Abschlagszahlungen in regelmäßigen Abständen stattgeben.

Diese gesetzliche Notwendigkeit bestätigte der Gesetzgeber im EEG 2012. Um zukünftige Rechtsunsicherheiten zu vermeiden, wurde in § 16 (1) EEG 2012 klargestellt, dass Netzbetreiber „auf die zu erwartenden Zahlungen (...) monatliche Abschläge in angemessenem Umfang zu leisten“ haben.