Derzeit werden die Netze zur allgemeinen Stromversorgung "im Mangel" verwaltet. Netzausbauten werden nur zögerlich und wenn ja, nur so, wie gerade nötig, durchgeführt. Nicht nur, dass Höchst- und Hochspannungsnetze nur mit hohem Genehmigungsaufwand erneuert und erweitert werden können. Auch wird als Grund für den zögerlichen Netzausbau von Netzbetreibern unter anderem die Verpflichtung zur Kostensenkung angeführt. Dass als Ursache ebenso die nicht endgültig entflochtene Struktur der Netzbetreiber mit den zentralen Stromerzeugern angeführt werden kann, die Erneuerbare-Energien-Anlagen als unliebsame Konkurrenz zur bisherigen fossilen Energiewirtschaft betrachten, liegt auf der Hand.

Im Folgenden sollen zwei Problemsituationen dargestellt werden, die sich auf Grund der neuen (und alten) Rechtslage - dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz - ergeben:

Erste Problemsituation

Die Verpflichtung zum Netzausbau durch den Netzbetreiber wird in § 9 EEG 2009 "Erweiterung der Netzkapazität" (bisher § 4 im EEG 2004) definiert. Sie erstreckt sich auch weiterhin "auf sämtliche für den Betrieb des Netzes notwendigen technischen Einrichtungen sowie die im Eigentum des Netzbetreibers stehenden oder in sein Eigentum übergehenden Anschlussanlagen".

Allerdings gibt es eine wesentliche Einschränkung: In § 9 Abs. 3 wird eine Zumutbarkeitsregel - genauso wie im EEG 2004 - festgelegt. Der Netzausbau soll nur dann gerechtfertigt sein, wenn dessen Kosten nicht mehr als 25 % der Gesamtkosten der Solarstromanlage betragen. Die Kosteneinschätzung soll gesamtwirtschaftlich durchgeführt werden. Somit müssen die Kosten des Anschlusses der Anlage plus die Kosten des Netzausbaus in ihrer Summe ein Minimum ergeben.

Die EEG-Unzumutbarkeitsregel zum Netzausbau haben wir schon mehrfach kritisiert. In Regionen, in denen die Netzbetreiber Modernisierungsmaßnahmen auf die lange Bank geschoben haben, steht das Netz bereits heute am Rande seiner Belastungsfähigkeit. Möglicherweise geht der Löwenanteil der vom Netzbetreiber geltend gemachten Ausbaukosten auf Modernisierungs- und Nachholbedarf zurück. Die Zumutbarkeitsregel berücksichtigt diese Möglichkeit nicht.

Da das Netz häufig zu gering dimensioniert ist, so dass ohnehin schon umfängliche, kostenintensive Netzausbauten notwendig wären, bleibt in dieser Region der weitere Anschluss von Erneuerbare-Energien-Anlagen (EE-Anlagen) aus Kostengründen versagt. Nach unserer Einschätzung nimmt die Zahl dieser Fälle vor allem im ländlichen Raum oder am Ortsrand (z.B. auf landwirtschaftlichen Gebäuden) zu.

Aber auch innerhalb von Siedlungsstrukuren kommt es bereits zu Engpässen. Selbst schon der Anschluss von EE-Anlagen bis 30 kW wurde mit dem Verweis auf die 25 % - Regel abgewiesen.
Zusätzlich zu der bisher schon bekannten Regelung aus dem EEG 2004 findet sich in der Begründung zum EEG 2009 zu § 9 Abs. 3 nun noch folgende, weitergehende Formulierung: "Die Grenze der wirtschaftlichen Zumutbarkeit soll auch auf Maßnahmen der Netzoptimierung und der Netzverstärkung ausgeweitet werden." Das Kriterium "Netzoptimierung" ist hinzugekommen. Was damit genau gemeint ist, wissen wir nicht. Wir befürchten allerdings, dass Netzbetreiber demnächst noch umfänglichere Kosten bei der Bewertung der Zumutbarkeit für Netzverstärkung und -optimierung ansetzen können und zwar auch dann, wenn sie zunächst für den Anschluss einer einzelnen Solaranlage notwendig wurden, jedoch die Einspeisesituation der gesamten Netzregion verbessern und damit den Anschluss weiterer, künftiger Anlagen ermöglichen könnten.

Unbeachtet bleibt weiterhin, dass jeder Netzausbau eine generelle Verbesserung für die Einspeisung weiterer neuer Anlagen ermöglicht. Wenn schon eine Bewertung der Kostenstruktur bei Netzausbauten durchgeführt wird, so sollte sie keinesfalls nur auf eine Anlage abzielen. Wenn schon das Netz ausgebaut wird, sollte dies großzügig und zukunftsfähig geschehen.

Zweite Problemsituation

Investoren in EE-Anlagen mit einer geplanten Leistung von über 30 kW werden häufig dadurch abgeschreckt, dass sie die Kosten des Netzanschlusses zu einem entlegenen Anschlusspunkt tragen müssen. Dieser Punkt wurde zuvor vom Netzbetreiber als der wirtschaftlich und technisch günstigste Verknüpfungspunkt zum Netz bestimmt. Aus technischer Unkenntnis ist es künftigen Anlagenbetreibern meist jedoch nicht möglich, die Netzdaten des Netzbetreibers so auszuwerten, dass die Stichhaltigkeit des offerierten Verknüpfungspunktes überprüft werden kann. Die Beauftragung eines externen Gutachters - und dies bereits im Vorfeld der Investition (!) - ist aus Kostengründen zu Recht bedenklich.

Obwohl der Netzbereiber verpflichtet ist, den Beweis für die Entscheidung zum wirtschaftlich und technisch günstigsten Verknüpfungspunkt zu erbringen, bleibt für Anlagenbetreiber aus genannten Gründen häufig ungeklärt, ob andere Lösungen möglich sind. So wird der Verknüpfungspunkt anerkannt, ohne zu überprüfen, ob der Netzbetreiber alle Maßnahmen zur Optimierung der vorhandenen Netzbetriebsmittel ausgenutzt (z.B. Regelung des Trafos) bzw. optimierte neue Netzbetriebsmittel (z.B. Leitungen mit optimalen Querschnitten) in seine Betrachtungen eingeschlossen hat. Oder aber es wird entschieden, die Anlage auf Grund hoher Anschlusskosten nicht zu realisieren.

Lösungsvorschlag des SFV

Im die Energiewende schnell voranzubringen, ist ein umfangreicher Netzausbau unbedingt erforderlich. Strom aus unzähligen dezentralen EE-Anlagen muss aufgenommen und weitergeleitet werden. Alle Hemmnisse sollten deshalb schnellstmöglich beseitigt werden.

Wir schlagen zweierlei vor:
Erstens: Der Netzbetreiber muss gesetzlich zu einer generellen Abnahme des erzeugten Stroms aus Erneuerbaren Energien - direkt nach Erzeugung hinter dem Generator - verpflichtet werden. Unzumutbarkeitsgrenzen müssen aufgehoben werden. Die künstliche gedankliche Unterscheidung von Netzanschluss und Netzausbau muss fallen. Alle Leitungen, Transformatoren etc. gehören zum Netz und sind im Eigentum des Netzbetreibers. Er allein trägt die Verantwortung für das Funktionieren des Netzes.

Zweitens: Sollte der Netzbetreiber den erzeugten EE-Strom nicht abnehmen (können), so ist er verpflichtet, eine Bereitstellungsgebühr in Höhe des entgangenen Stromertrags zu zahlen. So kann sichergestellt werden, dass der Netzbetreiber die Netze schon aus Eigeninteresse optimal ausbaut und Anschluss und Abnahme des EE-Stroms reibungslos organisiert.