Problemstellung:
Unter welchen Voraussetzungen führt die erstmalige Inbetriebsetzung von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie nach einem mängelbedingten Austausch von Modulen zur Inbetriebnahme im Sinne des § 3 Abs. 4 EEG 2004?

 

Stellungnahme des Solarenergie-Fördervereins Deutschland e.V.

Entscheidend sind hier die EEG Begriffsbestimmungen "Anlage" und "Inbetriebnahmedatum" aus § 3 EEG.

1. Anlagenbegriff:

Als Anlage gilt nach § 3 Abs. 2 jede selbständige technische Einrichtung zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien oder aus Grubengas. In § 3 Abs. 2 Satz 2 wird weiterhin ausgeführt:
"Mehrere Anlagen zur Erzeugung von Strom aus gleichartigen Erneuerbaren Energien oder aus Grubengas, die im Geltungsbereich des Gesetzes errichtet und mit gemeinsamen für den Betrieb technisch erforderlichen Einrichtungen oder baulichen Anlagen unmittelbar verbunden sind, gelten als eine Anlage, soweit sich nicht aus den §§ 6 bis 12 etwas anderes ergibt; nicht für den Betrieb technisch erforderlich sind insbesondere Wechselrichter, Wege, Netzanschlüsse, Mess-, Verwaltungs- und Überwachungseinrichtungen."

Da hier ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass Wechselrichter nicht als für den Betrieb erforderlich gelten, gilt nach unserer Auffassung jedes einzelne Solarmodul als einzelne Anlage. Da die Bestimmung, wonach mehrere Anlagen auch dann als eine Anlage gelten, wenn sie mit gemeinsamen, für den Betrieb technisch erforderlichen Einrichtungen oder baulichen Anlagen unmittelbar verbunden sind, durch den Zusatz ergänzt wird, dass Wechselrichter nicht für den Betrieb technisch erforderlich sind, soll diese Regelung offenbar für Solarstromanlagen nicht gelten. Denn mehrere Solarmodule werden zur Netzeinspeisung immer mit einem Wechselrichter gemeinsam verbunden und sollen deshalb in ihrer
Gesamtheit nicht als eine Anlage gewertet werden.

2. Inbetriebnahme:

In § 3 Abs. 4 ist folgendes geregelt: "Inbetriebnahme ist die erstmalige Inbetriebsetzung der Anlage nach Herstellung ihrer technischen Betriebsbereitschaft oder nach ihrer Erneuerung, sofern die Kosten der Erneuerung mindestens 50 Prozent der Kosten einer Neuherstellung der gesamten Anlage einschließlich sämtlicher technisch für den Betrieb erforderlicher Einrichtungen und baulicher Anlagen betragen." Das Inbetriebnahmedatum ist für die Bemessung der Höhe und der Dauer der zu zahlenden Einspeisevergütung von Belang und damit von entscheidener Bedeutung.

Da der Gesetzgeber den Begriff der Inbetriebnahme auf den Anlagenbegriff stützt und beim mängelbedingten Austausch eines Solarmoduls durch ein fabrikneues Solarmodul immer eine Erneuerung von über 50 Prozent vorliegt, steht unseres Erachtens klar, dass das neu eingebaute
Solarmodul zum Zeitpunkt der individuellen Inbetriebnahme ein individuelles Inbetriebnahmedatum erhält. Diese Regelung gilt unabhängig davon, wie hoch die Kosten des neuen Moduls waren und ob es
möglicherweise im Zuge einer Gewährleistung montiert wurde. Wenn allerdings ein Solarmodul repariert wird (z.B. gegen Feuchtigkeit neu abgedichtet wird), ändert sich dessen Inbetriebnahmedatum nur dann, wenn der in § 3, Abs. 4, Satz 1, zweiter Halbsatz genannte Mindestaufwand von 50 % besteht. Doch dürfte ein solcher Fall in der Praxis kaum vorkommen.

Beim Austausch eines Solarmoduls führt das neue Inbetriebnahmedatum zu einer Veränderung der Vergütungshöhe und zu einer Vergütungszeitverlängerung. Ein Anlagenbetreiber kann allerdings die
verlängerte Vergütungsdauer für die ausgewechselten Solarmodule praktisch nicht nutzen, wenn für die übrigen Solarmodule die Vergütungszeit abgelaufen ist.

Zusammenfassung:

Wenn nach Ablauf des ersten Betriebsjahres einzelne Solarmodule aus einer größeren Solaranlage wegen technischer Defekte ausgetauscht werden, muss unseres Erachtens in Befolgung des Gesetzestextes die Einspeisevergütung für die ausgewechselten Solarmodule geändert werden, was Auswirkungen auch auf die Vergütung der Gesamtanlage hat. Dies ergibt sich aus der Tatsache, dass die neu eingebauten Solarmodule einen späteren Inbetriebnahmezeitpunkt als die ursprünglichen Solarmodule haben. Ihnen steht deswegen eine andere Einspeisevergütung zu.

Wegen unterschiedlicher Auswirkung sind zwei Fälle zu unterscheiden.

Ausnahmefall: Das Baujahr der Gesamtanlage liegt vor dem 1.1.2004, der Austausch der Solarmodule erfolgte in den Jahren danach, in denen die Einspeisevergütung höher war als im Baujahr der Gesamtanlage. Die Einspeisevergütung erhöht sich.

Regelfall: Alle übrigen Fälle. Wegen der jährlichen Vergütungsdegression vermindert sich die Einspeisevergütung.

Dem Anlagenbetreiber entsteht im Regelfall ein mehrfacher Schaden. Nicht nur die Ausfallzeit und die Reparaturkosten, sondern auch noch die Herabsetzung der Gesamtvergütung sind von ihm zu tragen.

Der Solarenergie-Förderverein Deutschland hält diesen unverschuldeten Nachteil für unzumutbar und begrüßt - in dieser Hinsicht - die Neuregelung in der zum Jahr 2009 geplanten Novelle zum EEG. Dort wird in § 21, Abs. 3 "Vergütungsbeginn und -dauer" folgende Regelung formuliert: "Der Austausch des Generators oder sonstiger technischer oder baulicher Teile führt nicht zu einem Neubeginn oder einer Verlängerung der Frist nach Absatz 2 Satz 1, soweit sich aus den nachfolgenden Vorschriften nichts anderes ergibt."