Die Antwort des SFV findet sich ganz unten

Replik der Initiative Ökosozialismus Mainz

Anmerkungen zum Solarenergie-Förderverein Deutschland

Den geplanten Ausbau der Kohlekraftwerke hat der SFV zum Anlass genommen, sein Ziel einer hundertprozentigen Versorgung mit erneuerbaren Energien verstärkt zu propagieren und die Umweltverbände darauf einzuschwören. Wir halten die Materialien des SFV für äußerst unseriös und nicht dazu geeignet, die Auseinandersetzung um unsere künftige Energieversorgung wirklich voranzubringen:

Zunächst: Den Widerstand gegen die geplanten Kohlekraftwerke halten auch wir zur Zeit für äußerst wichtig, und wir beteiligen uns nach Kräften daran. Es wäre eine fatale Festlegung auf Jahrzehnte auf die schlechteste Form fossiler Energiegewinnung und würde selbst die halbherzigsten CO2- Reduktionsziele ad absurdum führen. Dass wir die Atomkraft aus all den bekannten Gründen für keine Alternative halten, haben wir ebenfalls oft genug gesagt und brauchen es hier nicht zu wiederholen. Allerdings: Die ökologische Glaubwürdigkeit der Anti-AKW-Bewegung messen wir jetzt daran, in welchem Maß sie sich am Widerstand gegen den Ausbau der Kohlekraft beteiligt.

Natürlich haben wir in der Auseinandersetzung um die Kohlekraftwerke die Beweislast auf unserer Seite: Welche Alternativen bieten wir an? Relativ effiziente und CO2- ärmere Gaskraftwerke, wie Gas- und Dampfturbinen, deren Wirkungsgrad durch zusätzliche Wärmegewinnung noch erhöht wird, werden - so z.B. in Mainz - von den Umweltinitiativen als geeignete Übergangstechnologie propagiert. Wir geben hier zu bedenken: Bei der Bilanz ist zu berücksichtigen, dass bereits bei der Gewinnung von Erdgas große Mengen von Methan freigesetzt werden, einem Treibhausgas, das um ein Vielfaches schädlicher ist als CO2. Wenn man das mit einbezieht, fällt der Vergleich mit der Kohlekraft schon wesentlich ungünstiger aus. Natürlich: Aufgrund der größeren Flexibilität sind bereits bestehende Gaskraftwerke als Übergangsenergielieferanten geeigneter als Kohlekraftwerke.

Grundsätzlich setzen auch wir auf die Strategie: ein kluger Mix aus erneuerbaren Energien (Sonne, Wind, Biomasse, Geothermie), Steigerung der Energieeffizienz (z.B. durch dezentrale Kraft-Wärme- Koppelung) und Suffizienz, das heißt absolute Einsparung von Energieverbrauch. Wir übersehen die Potentiale der Energieeffizienzsteigerung und der erneuerbaren Energien keineswegs. Sie sind noch lange nicht ausgeschöpft, und man könnte eine Reihe von Kommunen als Beispiel dafür anführen, was auch auf kommunaler Ebene dazu beigetragen werden kann, diese Potentiale auszuschöpfen (z.B. kommunale Förderung von energieeffizienten Elektrogeräten..). Was an erneuerbaren Energien zur Verfügung steht, ist regional durchaus unterschiedlich. So wird deutschlandweit die Geothermie wohl keine große Rolle spielen, wohl aber in bestimmten Regionen, wie etwa dem Rheingraben. Was uns von den enthusiastischen Verfechtern der erneuerbaren Energien aber grundsätzlich unterscheidet, ist, dass wir es für enorm wichtig halten, auch deren Grenzen nüchtern zu sehen. Die Betonung liegt bei uns deshalb auf dem Stichwort Suffizienz. Das heißt, auch bei einem grundsätzlich anderen Energieträgermix und bei Ausschöpfung der Effizienzpotentiale kommen wir um die Einsicht nicht herum, dass wir unser Verbrauchsniveau insgesamt erheblich reduzieren müssen. Das wird ohne Zweifel einen Zivilisationsbruch bedeuten. Billiger ist Nachhaltigkeit nicht zu haben. Der Ausbeutung erneuerbarer Energien sind Grenzen gesetzt, und wir meinen, dass die enthusiastischen Verfechter der alternativen Energien in ihrer Mentalität von den Verfechtern einer fossilen Wachstumsgsellschaft nicht sehr weit entfernt sind. Die notorische Überschätzung der erneuerbaren Energien dient dazu, ständig der Frage auszuweichen: Was ist genug? Was entspricht menschlichem Maß? Wie müssen wir unsere Zivilisation, unser gesellschaftliches Zusammenleben, unsere Ökonomie insgesamt anders organisieren, um unsere Lebensgrundlagen zu erhalten und uns weltweit solidarisch und gerecht zu verhalten? Illusionen helfen uns nicht weiter.

Der Solarförderverein Deutschland - aber leider nicht nur er - argumentiert unseres Erachtens nicht sehr sauber. Es wird mehr behauptet als belegt. "Beeindruckende Einzelbeispiele" werden angeführt, die aber leider kein seriöses Gesamtszenario ersetzen können. Es wird mit Unterstellungen gearbeitet, die Verschwörungstheorien ähneln.
((Anmerkung des SFV siehe Beispiele für bewusste Fehlinformation der Bevölkerung ))
Ist es wirklich nur die die Atomlobby, die uns daran hindert, einfach auf intelligentere Techniken umzusteigen? Wenn dem so wäre: Warum sind dann eigentlich Länder wie Indien, in denen keine Atomlobby existiert und in denen die Voraussetzungen für erneuerbare Energien denkbar günstig sind, nicht schon längst alternative Musterländer?
((Anmerkung des SFV: weil ihnen das Kapital - und möglicherweise auch das know how für die Markteinführung der Erneuerbaren Energien fehlt.))

Geothermie steht aufgrund unterschiedlicher geologischer Voraussetzungen zumindest in Deutschland nur sehr beschränkt zur Verfügung. Die Gewinnung von Biomasse stößt schon deshalb auf Grenzen, da sie mit der Nahrungsmittelproduktion und den ökologischen Zielen eines extensiven Landbaus konkurriert. Und außerdem werden gerade aufgrund des Klimawandels die Bedingungen dafür immer schlechter. In der brandenburgischen Steppe, die uns bald bevorsteht, und in den Trockenzonen Spaniens, mit denen wir in kurzer Zeit zu rechnen haben, lässt sich kein Landbau mehr betreiben und keine Biomasse gewinnen. Und weltweit gesehen: Wenn nach einer Prognose des Fraunhofer Instituts aufgrund des Klimawandels durch die Verschiebung von Vegetationszonen bis 2030 mit 900 Mio. bis 1,8 Mrd. Zusätzlicher Hungertoter zu rechnen ist - Wo, bitte schön, soll da noch die Biomasse für unsere Energiegewinnung herkommen?
((Anmerkung des SFV: Gerade diese Katastrophen wollen wir ja durch den Umstieg auf Erneuerbare Energien vermeiden!))

Was die Photovoltaiktechnik betrifft, so haben wir immer wieder auf die Probleme der Energiebilanz hingewiesen: Wir haben auf die Unterscheidung von "machbaren" und "lebensfähigen" Energien verwiesen und die Frage aufgeworfen, wie die Energiebilanz aussieht, wenn die Basis für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien selbst wiederum mit Hilfe erneuerbarer Energien erzeugt werden muss, und nicht wie heute aus fossilen. Die seriösesten Veröffentlichungen der enthusiastischen Befürworter von erneuerbaren Energien gestehen zwar zu, dass bei der Bilanzierung die gesamte Produktionskette, angefangen von der Fabrikation der Bagger, die den Sand für die Siliziumproduktion fördern, berücksichtigt werden muss. Uns ist aber bisher keine einzige Veröffentlichung zu Gesicht gekommen, die dies tatsächlich auch in die Bilanz mit einbezogen hätte! Selbst wenn dabei noch eine positive Bilanz herauskommen sollte: Welches Verbrauchsniveau wird dann noch möglich sein? Wie sieht es mit den Speichermöglichkeiten aus, wenn - wie inzwischen bekannt - der Effizienzgrad durch Speicherung im Medium Wasserstoff auf 25% sinkt? Selbst Ted Trainer, ein ausgewiesener Befürworter erneuerbarer Energien, geht von einem Verlust von 50% der Energie beim Umwandlungsprozess aus ... Auch der Import aus Regionen mit einer vielfach besseren Ausbeutung von Sonnenlicht ist keine Lösung. Beim Import aus großen Solarkraftwerken in der Sahara etwa gingen 95% der gewonnenen Energie verloren. Und in Deutschland selbst ist die Möglichkeit großer Solarkraftwerke sehr eingeschränkt.

Wir können den Fragen nicht ausweichen: Wenn sich erneuerbare Energien demnächst selbst reproduzieren müssen: Wieviele Autofabriken, Zementwerke, Aluminiumwerke, Hochöfen usw. werden wir noch betreiben können? Es ist nicht sehr hilfreich, dass die Verfechter erneuerbarer Energien vor diesen Fragen ständig kneifen. Natürlich sind dies unbequeme Fragen, da man sie nicht mehr auf der Ebene der Auseinandersetzung um mehr oder weniger kluge Techniken lösen kann. Hier beginnt die Auseinandersetzung um die Selbstverständlichkeiten unserer Zivilisation selbst, um unseren Typ von Industriegesellschaft, um den eingebauten Wachstumszwang und die Frage nach einer Ökonomie des "Genug". Wir fordern die Umweltbewegung dazu auf, die Diskussion endlich auf dieser Ebene zu führen.

Initiative Ökosozialismus Bruno Kern, Mainz

Antwort des SFV auf eine Replik der Initiative Ökosozialismus, Mainz

Die Initiative Ökosozialismus, Mainz, hat in einer umfangreichen öffentlichen "Replik" die 100%-Offensive des SFV kritisiert. Diese Replik haben wir oben vollständig ins Internet gestellt. Beim Lesen der genannten Replik stellt sich die Frage, warum die Initiative die 100%-Offensive des SFV überhaupt ablehnt - betont ihr Autor, Herr Bruno Kern, doch über mehrere Absätze hinweg genau die Einsichten und Grundsätze, die auch dem Handeln des SFV zugrunde liegen.

Der entscheidende Unterschied der Auffassungen liegt offenbar darin, dass die Initiative eine Umstellung ohne schmerzhaften Verzicht nicht für möglich hält.

Zitat der Initiative Ökosozialismus
... Die Betonung liegt bei uns deshalb auf dem Stichwort Suffizienz. Das heißt, auch bei einem grundsätzlich anderen Energieträgermix und bei Ausschöpfung der Effizienzpotentiale kommen wir um die Einsicht nicht herum, dass wir unser Verbrauchsniveau insgesamt erheblich reduzieren müssen. Das wird ohne Zweifel einen Zivilisationsbruch bedeuten. Billiger ist Nachhaltigkeit nicht zu haben. Der Ausbeutung erneuerbarer Energien sind Grenzen gesetzt, und wir meinen, dass die enthusiastischen Verfechter der alternativen Energien in ihrer Mentalität von den Verfechtern einer fossilen Wachstumsgsellschaft nicht sehr weit entfernt sind. Die notorische Überschätzung der erneuerbaren Energien dient dazu, ständig der Frage auszuweichen: Was ist genug? Was entspricht menschlichem Maß? Wie müssen wir unsere Zivilisation, unser gesellschaftliches Zusammenleben, unsere Ökonomie insgesamt anders organisieren, um unsere Lebensgrundlagen zu erhalten und uns weltweit solidarisch und gerecht zu verhalten? Illusionen helfen uns nicht weiter. ... Ende des Zitats

Darauf die Antwort des SFV:
Um eine Umstellung der Energieversorgung kommen wir nicht herum. Und dass hierzu grundsätzliche Entscheidungen getroffen werden müssen, darüber besteht Einigkeit. Die Initiative glaubt allerdings nicht, dass die Umstellung ohne einen "Zivilisationsbruch" möglich ist. Sie hält ihn sogar für notwendig. Wir sind da anderer Meinung.

Ob wir wirklich Verzicht leisten müssen, das hängt davon ab, ob es uns gelingt, die notwendigen Umstellungen rechtzeitig und vollständig vorzunehmen. Ein "Zivilisationsbruch", wie ihn Herr Kern für unumgänglich hält, ist unsere Überzeugung nach nicht notwendig. Wir sollten vielmehr alle technischen, organisatorischen und sonstigen Errungenschaften dafür einsetzen, dass es zu keinem Zivilisationsbruch kommen wird.

Der Vorwurf, "dass die enthusiastischen Verfechter der alternativen Energien in ihrer Mentalität von den Verfechtern einer fossilen Wachstumsgsellschaft nicht sehr weit entfernt sind", trifft uns nicht. Gerade der Solarenergie-Förderverein Deutschland hat ein Konzept vorgelegt, wie der Wachstumszwang, dem unser Wirtschaftssystem unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen unterliegt, überwunden werden kann. Offenbar ist es Herrn Kern nicht bekannt. Sachgebiet: Energiesteuer

Auch der Vorwurf zum Ende des eingangs zitierten Abschnittes trifft uns nicht! Im Gegenteil: wir machen uns erhebliche Gedanken zu der folgenden Frage (Zitat aus der Replik): "Wie müssen wir unsere Zivilisation, unser gesellschaftliches Zusammenleben, unsere Ökonomie insgesamt anders organisieren, um unsere Lebensgrundlagen zu erhalten und uns weltweit solidarisch und gerecht zu verhalten?" (Ende des Zitats) Gerade dieser Aspekt ist ja eines der stärksten Argumente des SFV FÜR den raschen Umstieg auf die Erneuerbaren Energien: Wie sonst soll sonst der Energiehunger der 3. Welt gedeckt werden?

Die Argumentation der Initiative geht teilweise von dem Prinzip der sich selbst erfüllenden Prophezeiung aus. Man glaubt fast eine gewisse Lust am Untergang zu erkennen. Zitat: "Die Gewinnung von Biomasse stößt schon deshalb auf Grenzen, da sie mit der Nahrungsmittelproduktion und den ökologischen Zielen eines extensiven Landbaus konkurriert. Und außerdem werden gerade aufgrund des Klimawandels die Bedingungen dafür immer schlechter. In der brandenburgischen Steppe, die uns bald bevorsteht, und in den Trockenzonen Spaniens, mit denen wir in kurzer Zeit zu rechnen haben, lässt sich kein Landbau mehr betreiben und keine Biomasse gewinnen." Unsere Antwort: Noch ist es glücklicherweise nicht so weit, noch können wir etwas unternehmen! Im übrigen achten wir bei unseren Vorschlägen auf einen Einsatz an Biomasse, der in jeder Hinsicht den Prinzipien der Nachhaltigkeit genügt.

In fachlicher Hinsicht müssen wir noch die destruktive Behauptung der Initiative richtig stellen, die Energiebilanz der Photovoltaik sei negativ. Hier sind die Vertreter der Initiative offenbar nicht auf dem neuesten Stand. Es gibt mehrere Studien zu diesem Thema, die zu dem Schluss kommen, die Photovoltaik habe eine deutlich positive Energiebilanz. Die letzte uns bekannte findet sich auszugsweise unter http://www.sfv.de/lokal/mails/wvf/amortisa.htm. Deren Aussagen sind besonders glaubhaft, weil sie von einem nachgewiesenen Gegner der PV in Auftrag gegeben wurden, von der HEW (den Hamburger Electricitätswerken) und weil ihre Daten von der Forschungsstelle für Energiewirtschaft bearbeitet wurden.

Die Initiative bemängelt im Detail, dass die Energie zur Herstellung der Bagger zum Abbau des Siliziums in keiner der ihr bekannten Studien berücksichtigt wird. Wir halten das für keinen Fehler aus folgendem Grund: Die Energie zur Herstellung der Bagger wird pauschal durch einen Aufschlag berücksichtigt. Dieser Aufschlag berücksichtigt auch die anteilige Energie zum Bau des Hochofens, aus dem der Stahl für die Bagger stammt oder anteilig die Energie zur Herstellung des Stahls für die Güterwagen, die den Quarzsand transportiert haben und weiteren infrastrukturellen Aufwand. Man berücksichtigt solche - vor der Herstellung des Produkts liegenden - Energiebeiträge üblicherweise nicht mehr im Einzelnen, weil das zu unübersichtlich würde, sondern pauschal durch einen Aufschlag auf den gesamten Energieverbrauch des zu untersuchenden Produkts, der sich anteilig aus dem gesamten Energieverbrauch des betreffenden Landes in den letzten 30 Jahren errechnet - Stichwort "ökologischer Rucksack".

Um auf das Wesentliche zurückzukommen: Die Bevölkerung muss ermutigt werden, von der Politik die notwendigen strukturellen und organisatorischen Änderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen JETZT zu fordern:

  • Verbot des Neubaus fossiler Kraftwerke
  • Beschleunigung des Ausbaus dezentraler Erneuerbarer Energien durch Erhöhung der Einspeisevergütungen im EEG
  • Pflicht zur Vollwärmedämmung
  • Einführung angebots- und nachfrageorientierter Strompreise
  • Erhöhung der Energiesteuern bei gleichzeitiger Auszahlung eines für jeden Einwohner gleichen monatlichen Energiegeldes

Es wäre interessant zu erfahren, welcher dieser Vorschläge von der Initiative Ökosozialismus konkret abgelehnt wird - und mit welchem Argument. Das Argument der Hoffnungslosigkeit allerdings erkennen wir nicht an, denn 100 Prozent Erneuerbare Energien sind möglich!